Neue Produkttechnologien im Traktorenbau,

insbesondere elektromechanische Traktorgetriebe


Beschreibung des Ist-Zustands Kennzeichnung von Innovationspotentialen Elektromechanische Traktorgetriebe Ableitung eines Technologiekalenders

2. Kennzeichnung von Innovationspotentialen


Vor diesem Hintergrund soll jetzt das Produkt Traktor näher betrachtet werden. Dazu ist es zweckmäßig, einen Traktor nach dem Stand der Technik in einem ersten Schritt in seine Produktstruktur, d.h. in seine wesentlichen Baugruppen zu zerlegen (Bild 3). Als solche werden hier die zehn Baugruppen Motor und Motorperipherie, Chassis, Bedienung, Hydrauliksystem, Hubwerk und Zapfwelle, Vorder- und Hinterachse sowie Getriebe gewählt. Mit dieser zunächst bewußt groben Zerlegung wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Eine weitere und genauere, eventuell nur bereichsweise Untergliederung kann im Bedarfsfall jederzeit erfolgen. Für den hier verfolgten Zweck reicht es jedoch aus, diese Baugruppen durch die damit realisierten Prinziplösungen zu charakterisieren. Anhand dieser Charakterisierung wird evident, welche Prinziplösungen den Stand der Technik verkörpern, bei welchen Baugruppen in jüngerer Zeit Neuerungen erfolgt sind und bei welchen Baugruppen nebeneinander unterschiedliche Prinziplösungen existieren. Beispiele für Prinziplösungen, die den Stand der Technik verkörpern, sind bei den Baugruppen Motor, Motorperipherie und Chassis Turboaufladung, mechanische Motorregelung und Integration der Kabine. Neuerungen sind z.B. in jüngerer Zeit bei den Baugruppen Motor und Bedienung durch Konstantleistungsmotoren und Komfortschaltungen erfolgt. Beispiele für nebeneinander existierende Prinziplösungen gibt es vor allem bei den Baugruppen Chassis, Hydrauliksystem, Vorderachse und Getriebe3. Diese Koexistenzen sind besonders interessant, weil davon ausgegangen werden kann, daß jede der aufgeführten Prinziplösungen bestimmte Vorteile hat, es aber noch keine Lösung gibt, die alle diese Vorteile in sich vereinigt. Die zugehörigen Baugruppen verdienen daher im weiteren Verlauf besondere Beachtung.

In einem zweiten Schritt wird dann ein Ideenfindungsprozeß eingeleitet, bei dem jeder dieser Baugruppen neuartige Prinziplösungen bzw. neuartige Anwendungen zugeordnet werden, die sich zum Teil fast zwangsweise aus den zuvor erkannten Technologietrends ergeben (Bild 4). Es ergeben sich zahlreiche Innovationspotentiale.

So steht bei der Baugruppe Motor die Einführung der Hochdruckeinspritzung unmittelbar bevor, während Leichtbaumotoren und Turbinen voraussichtlich nur in Sonderfällen Anwendung finden werden. Langfistig muß hier mitt einer Substitution von Verbrennungsmotoren durch Brennstoffzellen gerechnet werden.

Im Bereich der Motorperipherie steht die Einführung der elektronischen Kennfeldregelung an.

Mittelfristig erscheint die Einführung integrierter Starter-Alternator-Dämpfersysteme (ISAD) möglich, die wiederum den Übergang zu geregelten Kühlpumpen mit elektrischem Antrieb nachsichziehen werden.

Hinsichtlich Chassis und Bedienung stehen die allgemeine Einführung von Kabinenfederungen und Bussystemen an. Ebenso dürften traktorseitige Vorbereitungen für das Precision-Farming und Möglichkeiten zur freien Programmierung von Arbeitsabläufen bald zum Standard gehören. Langfristig sind ferngesteuerte Feldeinsätze für bestimmte Applikationen denkbar.

Im Bereich der Hydraulik kommt kurzfristig die Proportionaltechnik zur Anwendung. Durch Anhebung der Höchstgeschwindigkeit entsteht auf der einen Seite Bedarf an geschwindigkeitsabhängig geregelten Ölhaushalten, während durch die Anwendung elektronischer Getriebesteuerungen auf der anderen Seite kombinierte Hubwerks- und Getrieberegelungen möglich werden. Langfristig sind eine (teilweise) Substitution von hydraulischen durch elektrische Nebenantriebe sowie ein elektromechanischer Hubwerksantrieb denkbar. Ebenso sind der Übergang zu einer elektromechanisch angetriebenen Zapfwelle oder die (teilweise) Substitution der mechanischen Leistungsabgabe durch elektrische Zapfstellen möglich, insbesondere in Zusammenhang mit der bereits erwähnten Anwendung von Brennstoffzellen.

In bezug auf die Achsen sollte geprüft werden, ob sich die Vorteile von Zentralantrieben ohne Kreuzgelenke und Längenausgleich, Reifendruckregelanlagen und hydropneumatischen Federungen mittels multifunktionaler Einzelradluftfederungen gleichzeitig erzielen lassen. Dazu wären die zunehmend voluminöseren und in den Flanken weicheren Traktorreifen als Luftfedern zu verwenden und entsprechend weiterzuentwickeln (z.B. auch zu Mehrkammer- oder Mehrstoffedern); ungefederte Massen entfielen vollständig. Hinsichtlich der Lenkung ist mittelfristig eine Substitution der hydraulischen Aktuatoren durch elektromechanische Komponenten möglich.

Bei der Baugruppe Getriebe schließlich ermöglichen hydrostatisch-leistungsverzweigte Getriebe eine kontinuierliche, (quasi-) stufenlose Kraftübertragung. Einige dieser Getriebe befinden sich bereits in der Vermarktungsphase. Hier ist kurzfristig noch mit einer erheblichen Erweiterung des Angebots, aber auch mit einem Verschwinden nicht effizienter Ausführungsformen zu rechnen. Vergleichbare und zusätzliche Vorteile eröffnen aber auch elektromechanische oder elektromechanisch-1eistungsverzweigte Getriebe. Diese Vorteile könnten langfristig vergrößert werden, wenn es z.B. gelingt, Leistungshalbleiter aus supraleitenden Werkstoffen herzustellen.


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